VVMethoden und SET Level 4to5: LBF in zwei BMWi – Leitprojekten zum autonomen Fahren vertreten.

AUTONOMES FAHREN, SICHERHEIT, HOMOLOGATION, MODELLBILDUNG

Vielfältige Herausforderungen für das sichere autonome Fahren. (© AdobeStock)

Herausforderungen für das sichere autonome Fahren

Vollautomatisierte (VDA Level 4) und fahrerlose/autonome (VDA Level 5) Fahrfunktionen sind in den letzten Jahren weltweit ein Schwerpunkt der Forschung und Entwicklung geworden. Sie gelten als vielversprechender Lösungsansatz für die Herausforderungen straßenbasierter Mobilität: die Steigerung der Verkehrseffizienz, Erhöhung der Verkehrssicherheit, sowie Emissionsreduktion. Eine Schlüsselrolle kommt dem Thema Absicherung zu. Das Projekt VVMethoden setzt hier mit dem übergeordneten Ziel der Entwicklung einer Systematik und von Methoden für den praxistauglichen Sicherheitsnachweis im urbanen Umfeld an. Das Projekt SET Level 4to5 beschäftigt sich ergänzend dazu mit der komplexen Modellbildung für simulationsbasiertes Entwickeln und Testen.

Praxistaugliches Konzept für Sicherheitsnachweis von autonomen Systemen

Das Projekt VVMethoden beschäftig sich mit der komplexen Fragestellung der Verifikation und Validierung (V&V) zur Freigabe automatisierter Systeme. In der Vergangenheit wurde gezeigt, dass zum einen bisherige V&V - Methoden für L4/L5 Systeme nur zu einem ökonomisch nicht vertretbaren Aufwand durchführbar wären, und zum anderen die Freigabe des L4/L5- Fahrens von der gesellschaftlichen Akzeptanz abhängig ist. Die Absicherung von L4/L5-Fahrzeuge muss bereits früh im Entwicklungsprozess bei der Definition von Anforderungen und Sicherheitskonzepten beginnen, indem die Eigenschaft Sicherheit konstruktiv im System berücksichtigt wird. Hierfür liegt bisher keine durchgängige Methodik vor. Da bei L4/L5-Systemen der Fahrer nicht mehr durchgängig und innerhalb notwendiger Reaktionszeiten als Rückfallebene zur Verfügung steht, muss die Automation alle erdenklichen Verkehrssituationen und potentiellen Gefährdungen selbst abfangen und sicher behandeln. Der Sicherheitsnachweis, dass die Automation dazu in der Lage ist, kann aber mit heutigen Methoden weder mit Hilfe von Simulationen noch mit Realfahrten erbracht werden.

Das Projekt VVMethoden zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen und ein praxistaugliches Konzept für den vollständigen, widerspruchsfreien Nachweis für sicheres L4/L5 Fahren mit dem minimal notwendigen Testumfang und Testaufwand zu erarbeiten und exemplarisch umzusetzen. Viele der Herausforderungen hochautomatisierten Fahrens fließen an einer urbanen Kreuzung zusammen. Die Komplexität von querenden und abbiegenden Verkehr, die Wirkung von Lichtsignalanlagen sowie die Vielfalt der Verkehrsteilnehmer (z. B. Fußgänger) repräsentiert wesentliche verkehrliche Aspekte. Die Entwicklung der Methodik kann daher weitgehend auf dem use case „Kreuzung“ aufbauen.

Abb. 1: Use Case »urbane Kreuzung«. (© VVM-Konsortium)

Neue Methoden für simulationsbasiertes Entwickeln und Testen autonomer Fahrzeuge

Das Projekt SET Level 4to5 fokussiert auf die Weiterentwicklung numerischer Simulationsmethoden, der Konzeptionierung und Umsetzung neuer Mechanismen zur Modellkopplung sowie der punktuellen Neuentwicklung von Modellen, die neben dem jeweils korrekten Verhalten auch ein zu erwartendes nicht-normatives Verhalten im Systemumfeld hinreichend abbilden. Mit dem simulationsbasierten Entwickeln und Testen für Level 4 und 5 Fahrzeuge im urbanen Raum werden wichtige Beiträge zu effizient gestalteten simulationsbasierten Test- und Freigabeprozeduren geleistet. Besondere Herausforderungen liegen hierbei darin, Anforderungen an die Genauigkeit von Modellen einerseits und deren Interaktionsfähigkeit mit anderen Modellen oder realen Systembausteinen zu bewerten. Hierdurch soll eine barrierefreie und insbesondere werkzeugunterstützte Kopplung von Einzelmodellen ermöglicht werden. VVMethoden nimmt daher keine Entwicklung der Generik der Simulationsplattform vor, sondern übernimmt diese von SET Level 4to5.

Cyber-physikalisches Simulieren und Testen

Im Projekt VVMethoden erarbeitet das Fraunhofer LBF spezifisches Know-how in der Entwicklung von Methoden zur Testdefinition. Ausgehend vom Stand der Technik entwickelt das Fraunhofer LBF zusammen mit den beteiligten Partnern einen methodischen Ansatz zur Ableitung von System- und Testanforderungen Hierzu wird in einer ersten Iteration von nicht-degradativen Fahrzuständen ausgegangen. In sukzessiven Iterationsschleifen wird die Methodik dahingehend verfeinert, Wahrscheinlichkeiten der zu berücksichtigenden Kritikalitäten, Systemdegradationen sowie degradative Funktionalitätskonzepte (Rückfallebenen, Notlaufkonzepte) einbeziehen zu können. Die entwickelte Methodik wird anhand des use case "urbane Kreuzung" validiert.

Zum Vorhaben SET Level 4to5 trägt das LBF insbesondere durch die Modellierung unterschiedlicher Systeme und Komponenten zur Simulation des Egofahrzeugs bei. Dabei erstrecken sich die integrationsebenen der Modelle von den einzelnen Aktoren des Antriebstrangs, der Lenkung und Bremsaktorik bis hin zur Gesamtfahrzeugdynamik und der Planung und Regelung der Fahrzeugtrajektorien. Ziel ist es, die Schnittstellen innerhalb modularer Simulationssysteme zu harmonisieren und die Anwendbarkeit der Simulation auf die szenarienbasiertes Verifikation automatisierter Fahrfunktionen nachzuweisen. Dazu werden neben exemplarischen Basisimplementierungen der Systemkomponenten physikalische Wirkzusammenhänge nachgebildet und relevante Fehlermoden in Aktorsystemen als Teil der Testszenarien implementiert.

Über das Mitwirken in beiden PEGASUS-Nachfolgeprojekten erschließt sich das LBF das für sie neue Themenfeld Automatisiertes und Vernetztes Fahren, wobei strategisch ein Schwerpunkt auf dem cyber-physikalischen Simulieren und Testen (CPST) hochkomplexer Hardware-Systeme mit dem Ziel deren Absicherung gelegt wird. Hiermit wird die Grundlage für künftige Kunden- und Forschungsprojekte im Kontext der Automatisierung geschaffen.

Förderer und Partner

Beide Projekte werden gefördert vom BMWi.

Ihre Ansprechpartner zu dieser Perspektive