Leichte Schutzpanzer dank neu entwickeltem Elastomer.

Elastomer, Leichtbau, Panzerung

Aufbau der Panzerung. (© Fraunhofer LBF)

Mehrschichtige Panzerungen sind eine kosten- und gewichtseffiziente Alternative zu klassischen Stahlpanzerungen, da durch Kombination verschiedenster Materialen Synergieeffekte geschaffen werden können. Aufgrund ihrer viskoelastischen Eigenschaften und ihrer Fähigkeit, kinetische Energie in Wärme umzuwandeln, sind Elastomere hierbei vielversprechende Kandidaten, um als Zwischenschicht in Panzerungen zum Schutz gegen kleinkalibrige Projektile in zivilen Anwendungen zum Einsatz zu kommen.

Leichter und sicher

Disruptor-Absorber-Panzerungssysteme bestehen aus einer harten Frontplatte (hochfester Panzerstahl oder Keramik), dessen Aufgabe es ist, auftreffende Projektile zu zerstören, somit deren kinetische Energie zu verringern und auf eine größere Fläche zu verteilen. Eine duktile Rückplatte (duktiler Stahl oder Aluminium) wirkt absorbierend und wandelt die kinetische Energie der Fragmente in Wärme und Deformationsenergie um. Durch Einfügen einer Elastomer-Zwischenschicht wird dessen dämpfende Wirkung ausgenutzt, wodurch die kinetische Energie weiter verringert werden kann. Die Effektivität einer solchen Mehrschicht-Panzerung kann damit so weit erhöht werden, dass dies eine erhebliche Gewichtsreduktion im Vergleich zu herkömmlichen Stahlpanzerungen zur Folge hat.

Das Ziel dieses Projektes ist es, den Wirkmechanismus dieser Panzerart in Zusammenhang mit den Materialeigenschaften des Elastomers aufzuklären. Basierend darauf wird eine Elastomermischung mit verbesserten Eigenschaften entwickelt, um eine optimale Schutzwirkung zu entfalten. Eine praktische Validierung des verbesserten Materials findet zudem über ballistische Versuche statt.

Werkstoffvalidierung

Die viskokelastischen Eigenschaften eines Elastomers und damit dessen Dämpfung, sind abhängig von der Verformungsrate einer auf das Elastomer wirkenden Belastung. Im Bereich des Glasübergangs durchläuft die Dämpfung ein Maximum, sodass es möglich ist, ein für eine bestimmte Belastung optimiertes Elastomer zu entwickeln. Der Glasübergang kann auf zwei Weisen ausgelöst werden. Ist die Temperatur so gering, dass die thermische Energie nicht ausreicht, um energetische Barrieren von bestimmten Kettenumlagerungen zu überwinden, verhält sich das Elastomer spröde und glasartig. Dies ist auch der Fall, wenn die Verformungsrate so hoch ist, dass die Polymerketten nicht schnell genug folgen können. Die Lage des Glasübergangs lässt sich demnach äquivalent durch eine Temperatur oder eine Frequenz beschreiben (Zeit-Temperatur-Superposition).

Mithilfe von Materialparametern, die mittels dynamisch mechanischer Analyse (DMA) gewonnen wurden, war es möglich, ein Modell zur Extrapolation des Glasübergangs aufzustellen. Durch Vergleich dieser extrapolierten Werte mit Verformungsraten, die nach VPAM Norm in der angestrebten Schutzklasse auftreten, konnte eine Materialverifizierung durchgeführt werden. Es zeigte sich, dass eine selbst entwickelte Butylkautschukmischung die Anforderungen erfüllt und somit ein für die Anwendung geeignetes Material ist.

Abb. 1: Vergleich der benötigten Glastemperatur entsprechend der bei Impakt induzierten Dehnraten mit der DMA Kurve der untersuchten Formulierung. (© Fraunhofer LBF)

Materialentwicklung

Um den Einfluss verschiedener Materialeigenschaften auf die ballistische Wirksamkeit des Elastomers untersuchen zu können, ist eine genaue Materialkenntnis und die Fähigkeit, Elastomere mit definierten Eigenschaften herzustellen, von wesentlicher Bedeutung. Die über Variation der Formulierung erzielbare Bandbreite an Materialeigenschaften des gewählten Elastomers wurde daher mittels statistischer Versuchsplanung untersucht und damit Informationen über den Einfluss und die Wechselwirkung der einzelnen Formulierungsparameter gewonnen.

Auf Basis der im Projekt gewonnenen Ergebnisse wird eine Optimierung der Mischungszusammensetzung für eine verbesserte ballistische Schutzwirkung des Elastomers durchgeführt werden. Zudem wurde die Basis gelegt, um geeignete Materialien für Dämpfungsanwendungen zu identifizieren und diese für den Anwendungsfall im Einzelnen zu optimieren.

Abb. 2: Einfluss von Ruß- und Ölanteil der Formulierung auf Glastemperatur, tan δ und Härte. (© Fraunhofer LBF)

Förderer und Partner

Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL)
5 Rue du Général Cassagnou
68300 Saint-Louis
Frankreich

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