Kostengünstiger und nachhaltiger Leichtbau durch effiziente numerische Methoden.

Leichtbau, Numerische Simulation, Effiziente Produktentwicklung

Der digitale Zwilling verknüpft physische und digitale Fahrzeugkomponenten und verarbeitet gleichzeitig reale und virtuelle Informationen. (© Fraunhofer LBF)

Die stetig steigende Systemkomplexität unter anspruchsvollen wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen stellt eine maßgebliche Herausforderung im modernen Fahrzeugbau dar. Hinsichtlich klimafreundlicher Mobilität werden intelligente, aber auch bezahlbare Leichtbaulösungen benötigt. Allerdings war das bisher ein Widerspruch in sich. Im EU-Projekt »ALLIANCE« haben sich Autohersteller, Zulieferer und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen, um dies zu ändern. Einen Projektschwerpunkt stellen dabei effiziente numerische Methoden zur Identifikation und Evaluation von Leichtbaupotentialen dar.

Unsere Motivation

Die Mobilität der Zukunft soll individuell, alltagstauglich sowie möglichst klimaneutral und emissionsfrei sein. Leichtbaulösungen auf Komponenten- und insbesondere Systemebene spielen bei der möglichen Erreichung dieser Ziele eine immer wichtigere Rolle. Dabei sind numerische Werkzeuge für die virtuelle Entwicklung und Optimierung von Leichtbaustrukturen unverzichtbar. Durch parametrische Modelle kann die Entwicklung leichter, kostengünstiger Strukturen beschleunigt und vereinfacht werden. Effiziente Modelle können zudem für Simulationen auf Systemebene und, gemeinsam mit schwingungstechnischen Maßnahmen, zur Optimierung des Gewichts und des NVH-Verhaltens genutzt werden.

Leichtbau muss nicht teuer sein

Bislang steht der hohe Preis von Leichtbau-Komponenten einer durchgängigen und umfassenden Anwendung im Automobilsektor entgegen. Soll sich der Leichtbau für den Großteil verbauter Autokomponenten durchsetzen, müssen deren Gesamtbetriebskosten gesenkt werden. Im EU-Projekt »ALLIANCE« haben sich dazu sechs große Automobilhersteller, sechs Komponenten- und Materialzulieferer sowie verschiedene Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen. Gemeinsam wurden Leichtbau-Konzepte und Technologien entwickelt und diese konsequent auf Systemebene bezüglich der Einsparung von Masse, Kosten und Treibhauspotential bewertet und optimiert. Bei unterschiedlichen Fahrzeugkomponenten konnte das Gewicht um bis zu 30% reduziert werden – und dass bei Kosten von lediglich 3 Euro pro eingespartem Kilogramm.

Parametrische Modelle werden in allen Phasen des modellbasierten Entwicklungsprozesses genutzt. (© Fraunhofer LBF)

Parametrische Modelle ermöglichen schnelle Parametervariationen und beschleunigen Optimierungsaufgaben. (© Fraunhofer LBF)

Präsentation der Ergebnisse auf dem öffentlichen Abschlussmeeting in Aachen. (© Fraunhofer LBF)

Präsentation der Ergebnisse auf dem öffentlichen Abschlussmeeting in Aachen. (© Fraunhofer LBF)

Parametrische Modelle für vielseitigen Einsatz

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer LBF forschten in diesem Zusammenhang an der Modellbildung parametrischer und effizienter numerischer Modelle. Die Fahrzeugkomponenten wurden mittels Finite-Elemente-Modellen detailliert beschrieben und durch Verfahren der parametrischen Modellordnungsreduktion soweit vereinfacht, dass diese im Zeitbereich oder in Echtzeit gelöst werden können. Mittels multidisziplinärer Mehrzieloptimierung ist es möglich, optimale Designparameter zu bestimmen und die Wechselwirkungen zwischen verschiedensten physikalischen (z.B. mechanisch, akustisch) und nicht-physikalischen (z.B. Kosten, Umwelteinfluss) Domänen unmittelbar zu berücksichtigen. Zudem kann der Komponentenentwurf effizient und zielgerichtet in den Gesamtsystemkontext integriert werden und trägt somit zur Vereinfachung und Beschleunigung des Entwicklungsprozesses bei. Im Projekt »ALLIANCE« wurden die mechanischen Eigenschaften, die Kosten und der resultierende Umwelteinfluss ganzheitlich für den Lebenszyklus von Leichtbaukomponenten betrachtet und bewertet.

Die Optimierung der Materialeigenschaften von Bauteilen kann zudem gemeinsam mit schwingungstechnischen Maßnahmen (z.B. Tilger, Isolation, aktive Motorlager) im Hinblick auf Leichtbau, NVH und Kosten durchgeführt werden. Darüber hinaus ist die Definition von frequenz- oder amplitudenabhängigen Materialeigenschaften durch die parametrische Beschreibung der ordnungsreduzierten Modelle möglich.

Anwendung als digitaler Zwilling

Im Kontext der Digitalisierung ergeben sich für die entwickelten parametrischen Modelle zusätzlich mögliche Anwendungsszenarien als digitaler Zwilling. Digitale Zwillinge sind numerische Modelle der physikalischen Welt, die reale und virtuelle Informationen gemeinsam verarbeiten. Die Verknüpfung von berechneten und gemessenen Signalen ermöglicht eine detailliertere und erweiterte Analyse technischer Systeme. Die in den Entwicklungsphasen erzeugten echtzeitfähigen numerischen Modelle können zukünftig im operativen Betrieb zur Zustandsüberwachung und Zustandskontrolle verwendet werden. Bei der Überwachung werden die im Modell berechneten Werte als virtuelle Sensorik eingesetzt oder für einen automatisierten Online-Modellabgleich.

Förderer und Partner

Die Arbeiten wurden innerhalb des EU Horizont 2020-Projekts ALLIANCE (#723893) durchgeführt.

»Gemeinsam konnten wir zeigen: Kostengünstiger Leichtbau ist möglich! « Prof. Thilo Bein, Leiter des Wissenschaftsmanagements am Fraunhofer LBF

Ihr Ansprechpartner zu diesem Projekt