Entwicklung nachhaltiger und biobasierter Flammschutzmittel für technische und biobasierte Kunststoffe (SusFireX).
Flammschutzmittel, Technische Kunststoffe, Biokunststoffe, Kunststoffadditivierung, Prozessentwicklung, Formulierungsentwicklung, Nachhaltigkeit
Für Kunststoffe, die leicht entflammbar und potentiell Hitzequellen ausgesetzt sind, ist eine Flammschutzausrüstung erforderlich. Neben hoher Effizienz bei geringer Konzentration von Additiven und stetig steigenden Anforderungen hinsichtlich Minderung von Wärmefreisetzung, Rauchgasdichte und -toxizität tritt zunehmend der Aspekt der Nachhaltigkeit der Flammschutzmittel in den Fokus. Dies betrifft sowohl die Synthese dieser funktionalen Additive selbst als auch damit ausgerüstete Kunststoffe. Im Forschungsprojekt »SusFireX« entwickelten die Fraunhofer-Institute LBF und UMSICHT im Rahmen einer Fraunhofer-internen wirtschaftsorientierten strategischen Allianz (WISA) gemeinsam neue phosphorhaltige Flammschutzmittel mit hoher Effizienz, besonders in synergistischen Formulierungen. Ausgangsbasis sind dabei biobasierte Plattformchemikalien, die nach dem »Baukastenprinzip« mit unterschiedlichen Phosphorverbindungen zur Reaktion gebracht werden.
Entwicklung innovativer Flammschutzmittel für technische und biobasierte Kunststoffe
Kernziel des Vorhabens ist die Entwicklung neuer halogenfreier, polymerer und phosphorhaltiger Flammschutzmittel mit hohem biobasiertem Anteil mittels atom- und energieeffizienter Synthese. Die entwickelten Syntheserouten sowie die Flexibilität in der Wahl der Monomerbausteine ermöglichen eine Variabilität der Zielstrukturen, mit denen das Flammschutzmittel auf die Anforderungen angepasst werden kann. Mit diesen neuen Strukturen haben die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher erfolgreich synergistische Flammschutzformulierungen für technische Kunststoffe und (Bio)Kunststoffe an den Beispielen PA6 (Polyamid 6) und PLA (Polylactid/Polymilchsäure) entwickelt.
PA6 und PLA aus biobasierten modifizierbaren Flammschutzmitteln
Das Konzept des Projektes basiert auf der Kombination von biobasiertem Kohlenstoff sowie gas- und festphasenaktiven Komponenten im Flammschutzmittel, die je nach gewählten Bausteinen modifiziert werden können. Durch die Variation der Syntheserouten sowie der funktionellen Gruppen kann gas- und festphasenaktiver Flammschutz in einem Molekül in einstellbaren Anteilen kombiniert werden. Im Fraunhofer LBF wurden die Synthesen im Laborkolben entwickelt und anschließend in den Kilogramm-Maßstab übertragen. Die Synthese wurde so optimiert, dass diese als Eintopfsynthese (Abb. 1) mit hohen Ausbeuten durchgeführt werden kann, was den Zeitaufwand und den Abfall erheblich reduziert.
Baukastenprinzip für Individuelle Anwendungen
Die Eigenschaften der Flammschutzmittel (Abb. 2) können durch Variation der Bausteine gezielt der jeweiligen Anwendung angepasst werden. So wurden verschiedene polymere Flammschutzmittel entwickelt, deren Glastemperaturen zwischen 28 und 91 °C liegen und deren T1 % im Bereich von 231 bis 269 °C liegen (Abb. 3). Mit weiteren Strukturvariationen nach dem »Baukastenprinzip« wurde der Temperaturbereich für die thermische Zersetzung weiter erhöht, so dass ihr Einsatz in höher schmelzenden Thermoplasten wie Polyamid 6 möglich ist.
Beim Einsatz dieser Flammschutzmittel im Biokunststoff PLA hat sich gezeigt, dass sie nicht signifikant in den thermischen Abbau des PLAs eingreifen. Bereits geringe Mengen Flammschutzmittel (< 5 wt% Gesamtkonzentration) genügen in synergistischer Formulierung mit kommerziell verfügbaren anorganischen Flammschutzmitteln bei ausgewählten PLA-Typen , um eine effiziente Flammschutzwirkung zu erzielen (siehe Tabelle). Mit den erwähnten Strukturvariationen konnte dieses Prinzip auch auf Polyamid 6 übertragen werden. Die Flammschutzmittel wurden detailliert hinsichtlich der Materialeigenschaften sowie des Brandverhaltens im Kunststoff untersucht. Hierbei kamen besonders der UL94-Vertikalbrandtest und die Cone-Kalorimetrie zum Einsatz.
Mit weiteren Untersuchungsmethoden haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Einfluss der Viskosität des PLAs in Kombination mit verschiedenen Flammschutzmitteln analysiert. Hierbei zeigte sich, dass die entwickelten Flammschutzformulierungen in PLA unterschiedlicher Viskosität wirksam sind.
Nachhaltigkeit kombiniert mit Flammschutz
Das Fraunhofer UMSICHT testete die im Fraunhofer LBF hergestellten Flammschutzmittel in biobasierten Kunststoffen PLA, PHBH (Poly 3-hydroxybutyrat-co-3-hydroxyvalerat) und Celluloseacetat. Hinsichtlich der Verarbeitbarkeit unterscheiden sich die neuen Flammschutzmittel in PLA nicht von bereits kommerziell erhältlichen nicht biobasierten Flammschutzadditiven.
In Bezug auf die Treibhausgasbilanzen zeigte sich, dass die hergestellten Flammschutzmittel im Vergleich zu einem kommerziellen polymeren phosphorhaltigen Produkt schlechter abschneiden. Betrachtet man jedoch flammgeschützte Formulierungen in PLA, ist die Klimawirkung geringer im Vergleich zu Rezepturen, die nur das kommerzielle Produkt als Flammschutzmittel enthalten (Abb. 4). Denn die neu entwickelten Verbindungen ermöglichen synergistische Abmischungen mit sehr geringer Gesamtkonzentration an Flammschutzmitteln (< 5 wt%) in PLA. Durch die Reduzierung des Flammschutzmittelgehalts werden außerdem die materialtypischen Eigenschaften des PLA deutlich weniger beeinflusst.
Hochwirksame umweltverträgliche Flammschutzmittel für die Industrie
Das Marktsegment halogenfreier Flammschutzmittel wächst auf Grund strengerer Umwelt- und Gesundheitsauflagen stetig an. Neben der Wirksamkeit der Flammschutzmittel wird immer öfter auch deren Umweltverträglichkeit gefordert. Durch ihre Kompetenzen in den Bereichen Kunststoffverarbeitung, Syntheseentwicklung, Scale-Up und Nachhaltigkeitsbewertung haben das Fraunhofer UMSICHT und das Fraunhofer LBF gemeinschaftlich eine Lösung gefunden und deren Anwendung für einige technische Kunststoffe sowie (Bio)Kunststoffe erfolgreich demonstriert.
Gefördert im Rahmen der Internen Programme der Fraunhofer-Gesellschaft, Fördernummer WISA 833908.
»Die Entwicklung neuer, effizienter Flammschutzsysteme für biobasierte Kunststoffe ist sehr wichtig. Nur, wenn wir solche Möglichkeiten haben, können diese Materialien im Elektro- und Elektronikbereich Fuß fassen.« Carsten Niermann, FKuR Kunststoff GmbH
Projektleitung: Fraunhofer
Fraunhofer Institute: LBF, UMSICHT
Fördernummer: 833 908
Ihre Ansprechpartner zu diesem Projekt
- Dr. Frank Schönberger
- Tel.: +49 6151 705-8705
- frank.schoenberger@lbf.fraunhofer.de
- Daniela Goedderz
- Tel.: +49 6151 705-8914
- daniela.goedderz@lbf.fraunhofer.de