Morphing Technologien für die Luftfahrt der Zukunft.

Morphing, Verbundwerkstoffe, Hochauftriebshilfe, Leading edge, Leichtbau, Luftfahrt, Zuverlässigkeit

Flugzeug mit ausgefahrenen Hochauftriebshilfen. (© Fraunhofer LBF)

Leise, sicher und energiesparend – so wünschen wir uns den Luftverkehr von morgen. Einen Beitrag dazu liefert das Fraunhofer LBF mit der »Morphing Leading Edge«: der verformbaren Flügelvorderkante, die sich den aktuellen aerodynamischen Anforderungen anpasst. Im Langsamflug erhöht sie die Wölbung des Flügels und damit seinen Auftrieb, ohne dass sich, wie bei klassischen Hochauftriebshilfen, Spalte öffnen, die Umströmungslärm und Luftwiderstand erzeugen.

Komplexe Systementwicklung für die Luftfahrt

Um dieses Ziel zu erreichen, sind viele einzelne Problemstellungen zu lösen. Welches Material ermöglicht die erforderliche Formflexibilität? Und das auch im gesamten Temperaturbereich? Wie lassen sich die erforderlichen Kräfte zur Verformung erreichen – ohne dabei zu schwer zu sein und zu viel Bauraum zu verbrauchen? Welche Redundanzkonzepte sind erforderlich, um die für den Luftverkehr erforderliche Sicherheit zu gewährleisten? Diesen und weiteren Fragen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer LBF in Kooperation mit weiteren Fraunhofer-Instituten und dem Industriepartner Airbus DS im Rahmen des von der EU geförderten Projekts »Clean Sky 2« nachgegangen. Entstanden ist daraus ein Vorschlag für eine konstruktive Lösung, die die unterschiedlichen Anforderungen bestmöglich erfüllen soll, siehe Abb. 1.

Abb. 1: Entwurf der Morphing Leading Edge des Fraunhofer LBF. (© Fraunhofer LBF)

Der Zielkonflikt zwischen hoher Steifigkeit, die die Hautstruktur der »Morphing Leading Edge« (MLE) benötigt, um die hohen Luftlasten aufzunehmen, und der hohen Verformbarkeit, die für die Aufgabe notwendig ist, wurde durch die Wahl eines Verbundwerkstoffs auf Kohlefaserbasis gelöst – ein Werkstoff, der auch unter Leichtbaugesichtspunkten viele Vorteile bietet. Die Dicke und der innere Aufbau des Laminats variieren dabei lokal. Der Aufbau der Hautstruktur wird so maßgeschneidert, dass an jedem Ort die dort benötigten Steifigkeits- und Festigkeitseigenschaften vorliegen. Die Tauglichkeit des Materials für die erforderliche Lebensdauer wurde auch in Werkstoffversuchen nachgewiesen. Eigenspannungen, die durch thermische Schrumpfung bzw. Ausdehnung entstehen können, wurden numerisch analysiert und konstruktiv durch geschickte Materialkombinationen gelöst.

In das System wird auch ein CNT-basiertes Enteisungssystem und eine lasergestützte Formüberwachung integriert.

Redundante Systeme gewährleisten Zuverlässigkeit

Die Aktuierung folgt dem in der Luftfahrt vorherrschenden Trend zum »more electric Aircraft«, dementsprechend der Einsatz energieintensiver Hydraulik möglichst vermieden werden soll. So wurden hier elektromechanische Aktoren gewählt. Zur Gewährleistung der Zuverlässigkeit des Systems wurde ein serielles Redundanzkonzept gewählt, welches auch beim Ausfall eines Aktors die vollständige Funktionalität der MLE gewährleisten kann und eine Überlastung der Struktur durch eine fehlerhafte, gegensätzliche Ansteuerung der beiden Aktoren sicher vermeidet. Auch weitere mögliche Fehlerfälle wurden im Hinblick auf ihre Folgen analysiert, um Risiken für den sicheren Flugbetrieb zu minimieren.

Durch numerische Analysen wurden die zu erwartenden Bauteilbelastungen durch Luftlasten und durch die Steifigkeit der Haut ermittelt und die erforderlichen Kraftübertragungselemente unter Berücksichtigung der hohen Leichtbauanforderungen betriebsfest ausgelegt.

Das bis jetzt digital entwickelte System der »Morphing Leading Edge« soll – sobald die Genehmigung für die Fortsetzung des Projekts vorliegt – auch in Hardware gebaut werden und die Funktionsfähigkeit der Lösung demonstrieren können.

Förderer und Partner

EU, Programm Clean Sky 2, CS2-AlR-GAM-2019

»Erneut ein erfolgreiches Beispiel für die große Fraunhofer-Kompetenz im Luftfahrtbereich.« Dr. Volker Landersheim

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